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„Das Klassenbuch“ – Eine Geschichte über Erinnerung, Mut und das, was bleibt.

  • lomi13
  • vor 3 Tagen
  • 3 Min. Lesezeit

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Es begann mit einem Satz. Gesprochen an einem Maitag im Jahr 2011, am Rande eines Klassentreffens. Die ehemaligen Schülerinnen und Schüler des Abiturjahrgangs 1971 des Franz-Stock-Gymnasiums saßen zusammen, blickten in alte Gesichter, lachten über alte Geschichten – und dann sagte jemand: „Man müsste das alles mal sammeln.“

Damals dachte wohl niemand ernsthaft daran. Aber der Gedanke blieb und wurde beim Klassentreffen sieben Jahre später im September 2018 konkret. Das „Goldene Abitur“ rückte näher. 50 Jahre nach dem Abschluss sollte mehr entstehen als Gruppenfotos vor Schulgebäuden. Die Frage stand im Raum: Wie erinnert man sich angemessen an eine Zeit, die einen geprägt hat – und zugleich so fern scheint?

Vier aus der Runde beschlossen, es zu versuchen: Marion Klingelnberg, Michael Kleff, Regina Manecke und Dagmar Deiters.Sie wurden das Herz des Projekts. Und bald tauchten sie ab – in vergilbte Tagebücher, in vergessene Kartons, in Stadtarchive und Landesarchive. Was sie fanden, war mehr als nur Erinnerungsmaterial. Es war ein Schatz: alte Stundenpläne, Lehrerzitate, Briefe, politische Flugblätter, Theaterprogramme, Fotos vom Schullandheim, Zeitungsberichte, Dokumente aus Archiven – und Geschichten, viele Geschichten.Aus all dem entstand: „Klassenbuch 1963–1971“. 258 Seiten stark. Voller Leben.

Die Schulzeit dieser Generation war mehr als Unterricht und Hausaufgaben. Sie fiel in eine Zeit des Aufbruchs. 1968 war nicht weit weg – auch wenn man in Neheim-Hüsten nicht auf die Barrikaden ging wie in Berlin.Doch der Wind der Veränderung wehte auch durchs Sauerland: Mädchen durften erstmals auf das Gymnasium. Im Fernsehen lief Beatmusik. Schüler diskutierten Politik und stellten Fragen, auf die es keine klaren Antworten mehr gab.

 

Das Buch erzählt zum Beispiel davon:

  • Koedukation – Mädchen dürfen aufs Gymnasium!

  • Zu den materiellen und ideologischen Rahmenbedingungen des Franz-Stock-Gymnasiums in unseren ersten Schuljahren

  • Stundenplan 1969 und Hausaufgaben 1969/1971

  • Die Geschichte einer Politisierung in der sauerländischen Provinz

  • Der Klang der Revolte

  • Unser Landschulheim: Auszeit vom Schulalltag

  • Theater: Brecht-Abend 1968

  • Die letzten 10 Monate – Tagebuchaufzeichnungen

  • Rückblick: Ein Gebäude im Wandel der Zeit

Im Vorwort des Buches heißt es: „Wenn sich der eine oder die andere an einige der Ereignisse anders erinnert, so liegt das in der Natur der Sache.“ Und tatsächlich: Das Klassenbuch ist keine Chronik mit Anspruch auf Vollständigkeit oder „objektive Wahrheit“.Es ist ein Mosaik, eine Rückschau in der Erinnerung der beteiligten Autorinnen und Autoren an eine Schulklasse und an ein Lebensgefühl in den bewegten Endsechziger- und frühen Siebzigerjahren.

„Die Ereignisse in und außerhalb des Franz-Stock Gymnasiums [waren] Spiegelbilder dieser Ereignisse im Kleinen. Ob Jugendkultur – Zeitschriften wie Twen und konkret, Fernsehsendungen wie der Beat Club, Festivals wie das auf der Burg Waldeck oder die Essener Songtage –, Politik – der Übergang von der Großen Koalition zur Brandt-Scheel-Regierung –, Jugendbewegung – APO und Schülerbewegung: Das waren die Rahmenbedingungen, unter denen wir die Jahre bis zum Abitur 1971 als Klasse verbracht haben. … unser schulischer und außerschulischer Alltag war geprägt von Lebensgenuss und Konsumkultur auf der einen Seite, Interesse für gesellschaftliche Probleme und Politik auf der anderen.

Erinnerungen sind immer subjektiv gefärbt. Vor allem, wenn es um lange zurückliegende Ereignisse geht. An bestimmte Sachen will man/frau sich gar nicht erst erinnern, bei anderen sind die Erinnerungen von Wunschdenken gelenkt“, so schreibt es das Redaktionsteam. Doch gerade in dieser Offenheit liegt der besondere Wert des Buches. Es zeigt: Erinnern heißt nicht nur bewahren, sondern auch aushalten, einordnen, manchmal neu verstehen.

Das „Klassenbuch“ ist kein nostalgisches Zurücklehnen. Es ist ein Dokument der Auseinandersetzung: mit der Schule, mit der Gesellschaft, mit der eigenen Erinnerung. Und vor allem: mit der Frage, wie wir geworden sind, was uns in der Zeit des Heranwachsens geprägt und unsere Lebenswege beeinflusst hat. Es erzählt nicht nur die Geschichte einer Klasse – sondern auch die Geschichte einer Generation.

Wer möchte, kann das Buch im Sekretariat des Franz-Stock-Gymnasiums einsehen. Und wer genau hinhört, wird vielleicht zwischen den Zeilen noch einmal diesen Satz hören :„Man müsste das alles mal sammeln.“ Zum Glück hat ihn damals jemand ernst genommen.


 
 
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